Wie alles begann? Gute Frage...

Also. Ich war einmal eine Eizelle....

Nein, das würde zu weit führen.

Also lasst mich schildern wie mein Leben im Mittelalter begann.

Für mittelalterliche Verhältnisse sozusagen nackt und unschuldig. Selbstverständlich ungewandet. Besser gesagt als "Touri" auf einem der ersten Märkte in Biebesheim. Ich wollte schon seit langem einmal einen Mittaltermarkt besuchen. Von denen hatte ich bis dahin immer nur die neonfarbigen Ankündigungen gesehen. Ich wanderte staunend durch die Reihen der Stände, machte erste Entdeckungen an Tand, Kurzweyl (damals noch ohne Ypsilon) und Schwertkampf. Betrachtete Steckstühle  - unwissend darüber, dass sich um dieses schlichte hölzerne Sitzmöbel eine Disskussions-Subkultur rankt. Fand es amüsant dass Menschen mit nacktem Oberkörper und bloßen Füßen auf den Wiesen umherliefen. Genoss den heimeligen Duft der Holzfeuer. Füllte die Speicherkarte der Digicam mit tausenden wunderbarer Erinnerungen und stimmungsvoller Motive.

Es brauchte weitere zwei Jahre um den Erstkontakt zu einem dauerhaften Kontakt werden zu lassen. Ich plante meinen Einstieg in die Szene strategisch - nachdem ich viele wertvolle Informationen die den wkw-foren und unzähligen Internetseiten gesammelt hatte, unzählige Mittelalter-Romane verschlungen hatte, erschuf ich mein erstes Mittelalter-Alter-Ego: Kiandra, Kräuterfrau aus Greenwood. Auf verschlungenen Pfaden im 12. Jahrhundert von Irland über England und Frankreich nach Germanien gelangt. Kundig in der der Kräuterheilkunde. Schleppte mein Weidenkörbchen mit Äpfeln, Zwiebeln, Liebstöckel, Rosmarin, Melisse und Lavendel über alle erreichbaren Märkte der Saison. Und schleppte ebenso viel Beute an Tand wieder mit nach Hause. Es dauerte nicht allzu lange und mein Treiben fiel den Kreuzrittern ins Auge. Ich schloss mich ihnen an und wurde in den Adelsstand erhoben. Fortan nannte man mich "Kiandra von Greenwood Castle" und "edle Dame" und ich schleppte Flatterärmel, Bronzeschmuck und Almosenbeutel über alle Märkte der Saison. Immer auf der Suche nach neuen Borten, Stoffen, der perfekten Gürteltasche, kulinarischen Offenbarungen und Gesellschaft. Die fand ich reichlich und ich lernte viele liebe Menschen kennen und schätzen, die eines verbindet: die Suche nach dem Leben in der Vergangenheit, jemand anderes sein und dabei doch mehr man selbst sein als man es im real-life könnte.

Auf dieser Reise fand ich nicht nur andere Menschen, sondern auch mich. Um nicht nur ein Teil des großen Stroms der gewandeten Touristen und Lagergäste zu sein, suchte ich nach einer Möglichkeit aktiver Teil dieser Gemeinschaft zu werden. Also besann ich mich auf das was ich konnte: Kartenlegen. Seit über 25 Jahren begleitet mich diese Kunst nun schon und mir war es ein Bedürfnis dies mit anderen zu teilen und weiterhin meiner Passion nachzugehen. Auf dieser Zeitreise und der der Reise ins Ich fand ich das Zeitfenster der Kelten. Insbesondere faszinierten mich die Anfänge und Grundlagen der Magie und der Kult der Druiden, als auch die lange und leidvolle Geschichte der Hexen. Fortan wurde ich "Kiandra, das magische Auge" und vereinte alle meine Fähigkeiten in diesem "gealterten" Alter-Ego. Nun könnt ihr mich auf Mittaltermärkten in meinem Zelt antreffen, als reisende Seherin in der Tradition der weisen Frauen, der keltischen Druidinnen und da angekommen wo ich immer hinwollte: unter freien Himmel und bei mir selbst. Meine Tür steht für Freunde und Fragende immer offen und gerne teile ich den  Blick mit Euch den mir das Universum gewährt.....

Newgrange, Irland

© Kerstin Priess 2008